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Am Donnerstag kamen die Ergebnisse der unabhängigen Forum-Studie zu sexuellem Missbrauch in evangelischer Kirche und Diakonie raus. Die Studie hat jetzt 1259 Beschuldigte und 2225 Betroffene ermittelt. Die Dunkelziffer scheint aber enorm zu sein. Was waren denn Ihre ersten Gedanken als einer der Betroffenen, als Sie die Ergebnisse der Studie gesehen, gehört, gelesen haben? Mir ging es da wie vielen anderen Betroffenen, dass ich dachte, okay. Die Rede vom Einzelfall kann jetzt nicht mehr wiederholt werden, sondern es ist klar, es gibt viele Fälle und es gibt ein strukturelles Problem. Und so Ihre Gefühle dabei? Also kam da irgendwas hoch oder waren Sie glücklich, dass endlich mal die Öffentlichkeit auch eine Zahl an der Hand hat? Oder was ging in Ihrem Kopf dann noch vor? Naja, es war schon ein bisschen Durcheinander im Kopf. Natürlich ein Stück Ja, Genugtuung, das Zahlen. Jetzt belastbare Zahlen vorhanden sind in aller Einschränkung, die es da gibt. Aber natürlich auch ein Stück Ja, wir haben es ja schon immer gesagt, dass es mehr gibt. Und für mich auch immer wieder, weil ich auch mit Betroffenen aus anderen Kontexten Schule, Sport in Kontakt bin, doch nochmal deutlich die Notwendigkeit einer Dunkelfeldstudie gesamtgesellschaftlich. Das spielt, glaube ich, schon auf meine nächste Frage ein. Was jetzt Ihre Forderung wäre an die EKHN, aber vielleicht auch an die große Kirche, an die EKD? Naja, die EKD kann höchstens Wünsche äußern, die Landeskirchen müssen es dann umsetzen. Es gibt zwei Sachen, die sind ganz klar. Einmal wird es darum gehen, dass überall in Deutschland Betroffene im Rahmen der Kirche gleich behandelt werden. Dieser Flickenteppich an Föderalismus ist so spannend, dass manchmal ist. Aber es ist in dem Fall wirklich. Da braucht es eine Vereinheitlichung Standards, die in allen Landeskirchen durchgesetzt werden. Was Aufarbeitung, was Anerkennung, was Prävention und Intervention angeht. Und da werde ich auch in Zukunft ein Auge drauf haben, dass das wirklich passiert. Das heißt, dafür wollen Sie sich einsetzen, auch um die Anerkennungszahlen dann einheitlich zu gestalten? Zahlungen meine ich? Genau, ich arbeite ja im Beteiligungsforum der EKD mit und in einer Arbeitsgruppe. Da sind wir seit einem Jahr daran, alles, was mit Anerkennungskommissionen und Anerkennungsleistungen zu tun hat, einen Standard zu entwickeln, an den sich dann die Landeskirchen halten müssen. Es wird die Frage sein, machen wir ein Gesetz oder eine Richtlinie? Aber das sind dann so juristische Spitzfindigkeiten. Aber damit muss man sich dann halt auch auseinandersetzen. Würden Sie sagen, das ist auch so eine Art Wiedergutmachung, auch wenn man das Geschehene niemals wiedergutmachen kann, dass es dann wenigstens eine einheitliche Richtlinie gibt? Für Betroffene. Einmal das und ich merke hier in Hessen-Nassau, ich begleite Betroffene, wenn sie das wünschen, auch bei den Gesprächen der Anerkennungskommission. Und dieses Erzählen und Angehörtwerden ist schon ein Stück Anerkennung. Dieses Nicht-in-Frage-Gestellt-Werden, Nicht-Erklären-Müssen, Nicht-Beweisen-Müssen, sondern einfach erzählen können. Und natürlich auch die Geldleistung, die gezahlt wird, ist ein Stück Anerkennung. Sie wird das Leid nicht kleiner machen, auf gar keinen Fall. Aber sie kann, so merke ich es immer wieder, helfen, mit den Folgen des Geschehens umzugehen. Heilt das Sie auch so ein Stück weit, dass Sie jetzt sozusagen der Ansprechpartner sein können, den Sie sich vielleicht früher gewünscht hätten, als Sie nicht richtig gehört oder nicht richtig ernst genommen wurden? Ich wäre glücklich gewesen, wenn ich damals so einen Menschen gehabt hätte. Und vielleicht ist das ein gutes Stück meiner Motivation, zusammenzutreten. Zu sagen Okay, ich will, dass es anderen besser geht, dass andere eine Möglichkeit haben, mit jemandem zu reden. Und unter Betroffenen ist es einfach nochmal anders, weil man vieles nicht erklären muss. Man versteht einfach, was der andere erlebt hat. Das hätte ich jetzt auch gerade nochmal nachgehakt, ob das vielleicht auch so ein Vertrauensvorschuss ist, zu wissen, da ist jemand, der kann auf jeden Fall besser nachvollziehen als jeder andere, wie sich dieses Gefühl irgendwie vielleicht ausgeliefert zu sein oder so anfühlt. Und dann hat man da so einen Gesprächspartner. Genau. Also ich habe gerade vor 14 Tagen ist jetzt ja mit einem Betroffenen, der psychisch sehr krank ist, gesprochen und der eigentlich bislang ganz wenig erzählt hat über das, was ihm passiert ist. Aber im Laufe dieser Stunde, die wir zusammen waren, konnte er sich öffnen, weil er einfach merkte Ich muss da jetzt nicht irgendwas erklären. Das ist für mich immer so das Wort ist. Ich muss da nichts erklären, sondern der Herr Schwarz, der versteht einfach, was ich meine. Und er konnte sich öffnen, konnte sich mitteilen und wir können jetzt gemeinsam ein Stück weiter den Weg gehen. Wie ist das denn? Die Menschen, die sich jetzt an Sie wenden, erwarten die sozusagen, dass da eine Anerkennung kommt. Oder gibt es auch viele, die einfach das nur mal nutzen, um überhaupt mal sich frei zu reden? Beides. Also ich versuche ja so ein bisschen auch eine Vernetzung von Betroffenen hier in unserem Kirchenbezirk Hessen Nassau auf die Wege zu bringen. Das heißt, ich habe eine Gruppe. Gruppe von etwa zehn zwölf Betroffenen, wo wir regelmäßig in Kontakt sind, wo wir uns auch schon einmal präsentisch getroffen haben und wo wir gucken, wie wir miteinander uns gegenseitig stützen und stärken können und auch gucken können, was wir vielleicht in dieser Kirche bewegen können. Denn die meisten davon sind noch Mitglied der Kirche und wollen auch gerne, dass in der Kirche was passiert. Das heißt, da ist schon noch eine Motivation da oder eine Hoffnung, dass sich was verändert. Dass man auch Kirchenmitglied bleibt. Das ist ja schon ein starkes Stück, sage ich mal, der Kirche trotzdem treu zu bleiben. Ja, wobei es durchaus auch Betroffene gibt, die gute Erfahrungen gemacht haben. Nicht überall und nicht immer, aber ich kenne zumindest hier aus Hessen Nassau zwei, drei Beispiele, wo es einfach gut gelaufen ist. Und auch bei meinem zweiten Anlauf ist es einfach gut gelaufen. Aber es brauchte den zweiten Anlauf. Den zweiten Anlauf. Können Sie darüber was sagen? Also Sie haben. Habe ich in einem Interview gelesen. In der Pfarrerin konnten Sie sich öffnen. Wie lief das ab? Wie war das dann endlich gehört zu werden? Ich sage mal, ich habe 2010, als der große Knall war, mich an meine Kirche gewandert. Die Ansprechperson, die damals benannt worden war. Das war schon ein gewaltiger Schritt für mich und traf dann auf jemanden, wo ich den Eindruck hatte, die ist völlig überfordert und habe dann das Ganze nicht weiterverfolgt. Und erst 2014. Ich hatte einen Zusammenbruch und im Rahmen einer Therapie dann auch meinen Missbrauch aufgearbeitet, habe ich mich wieder an die Kirche gewandt. Es war eine andere Person da und die war erst mal einfach für mich da. Zuhörend, begleitend, ganz behutsam, ohne dass ich in irgendeine Richtung gedrängt wurde. Und nach dem zweiten, dritten Gespräch. Haben wir dann gemeinsam geguckt. Welche Möglichkeiten gibt es für mich? Welchen Weg könnte ich gehen? Und sie und auch die Leiterin der Personalabteilung sind diesen Weg dann mit mir gegangen. Und wie ging es dann weiter? Also nach diesem Gespräch? Wie ging es Ihnen dann? Sie haben gesagt, Sie hatten einen Zusammenbruch, haben den sexuellen Missbrauch aufgearbeitet und dann haben Sie Gehör gefunden. Wie ging es Ihnen dann in dem Moment, als Sie gemerkt haben? Jetzt werde ich wahrgenommen. Jetzt kann ich was erzählen. Die Kirche nimmt mich irgendwie ernst. Das war sicherlich einer der schönsten Momente in den letzten Jahren. Zu merken, ich muss jetzt nicht irgendwelche Beweise anbringen oder wie in meinem Fall. Ich weiß, es gibt andere Betroffene, die sich aber nicht trauen, sich zu äußern. Ich muss jetzt nicht hingehen und irgendjemanden finden, dem Ähnliches passiert ist, um zu sagen, hier, es gibt zumindest zwei Zeugen. Sondern dieses Wissen, mir wird geglaubt, mir wird zugehört. Es wird auch aktenkundig gemacht. Das war eine ganz wichtige Sache. Und letztendlich ist es hinausgelaufen auf eine Gegenüberstellung mit meinem Täter. Das hatte ich mir auch so gewünscht. Ich sage mal, das war ein echter Befreiungsschlag für mich, weil der große, stolze Mann, zu dem ich als Kind immer aufgeblickt habe, war jetzt so nach ein jämmerlicher Alter, Jammerlappen ein. Ja, wir waren jetzt auf Augenhöhe bzw. Ja, wir waren jetzt auf Augenhöhe bzw. Ich hatte so ein bisschen Angst. Ich hatte sogar das Gefühl, ich bin ihm überlegen, weil ich mit der Geschichte offen umgehen kann. Das heißt, diesen Mann noch mal zu sehen aus einer anderen, aus einer Erwachsenenperspektive, war wahrscheinlich dann ein total anderer Mensch als den, den Sie noch in Erinnerung haben, wie Sie es gerade geschildert haben, oder? Wie haben Sie den denn als Jungen gesehen und dann als erwachsener Mann? Er war, als ich kinder- und jugendlicher war, eine unangreifbare Person. Er war von alt auf, er war ein sehr guter Mann. Er war von allen in der Gemeinde geschätzt und geliebt und er galt als super toller Pfarrer und hat sicherlich auch viel Gutes gemacht, das will ich gar nicht in Frage stellen. Aber er hatte auch eine Art an sich, sehr von oben herab, sehr bestimmend. Wenn etwas nicht nach seinem Kopf ging, dann ging es gar nicht. Und ich habe damals Jugendarbeit auch in der Gemeinde gemacht und das war dann manchmal schwierig, weil ich so Ideen hatte und dann angeeckt bin. Und ich habe dann auch so Ideen gemacht und das war dann manchmal schwierig, weil ich so Ideen hatte und dann angeeckt bin. Und ich habe dann auch so Ideen gemacht und das war dann manchmal schwierig, weil ich so Ideen hatte und dann angeeckt bin. Jetzt als erwachsener Mann, es war für mich großartig zu sehen, dass er so klein ist. Nicht nur körperlich mir nicht mehr überlegen ist, er hat das damals auch bewusst ausgenutzt, sondern auch von der Psyche her einfach klein ist. Wirklich jämmerlich. Er hat sich gewunden in dem Gespräch, er hat versucht zu erklären. Weil es nur aus pädagogischen Gründen passiert ist. Und er mir ja nur Gutes tun wollte. Und er am liebsten hätte, dass wir uns in den Armen legen und er wieder sagen kann, lieber Matthias. Und es war zum Kotzen. Das heißt, da kam überhaupt nichts, eine Einsicht oder ein, es tut mir leid an Sie? Überhaupt nicht. Wir hatten vereinbart, also das Gespräch mit ihm hat so 90 Minuten gedauert. Und dann hat die Leiterin der Personalrechtsabteilung es abgebrochen, weil er sich immer nur im Kreis drehte. Wir hatten vereinbart, dass er eine schriftliche Entschuldigung formuliert. Die war allerdings so formuliert, dass ich sie nicht annehmen konnte. Das habe ich ihm auch mitgeteilt. Denn das ist für mich als Pfarrer natürlich auch ein theologisches Problem, so mit Schuld und Vergebung. Aber wenn der Täter keinerlei Reue und Einsicht zeigt, dann ist er auch nicht in der Lage, Vergebung zu empfangen. Das muss ich für mich einfach so sagen. Ich konnte ihm nicht vergeben. Ich habe ihn bis heute nicht vergeben. Vielleicht eine harte Frage, aber war das für Sie vielleicht auch nochmal so ein Kapitel, was man zuklappt, dass Sie ihm nicht mehr begegnen können? Also eigentlich war für mich mit der Gegenüberstellung und meiner Einsicht, dass er keine Einsicht hat, der Fall erledigt. Ich habe 2018 von seinem Tod. Ich habe meinen Tod erfahren, als ich unterwegs war über einen Bekannten. Ich habe dann gegoogelt. Und das Erste, worauf ich stieß, war ein lobhudelnder Nachruf auf der Website meiner Kirche. Da stieg nochmal aller Zorn und aller Wut in mir auf. Und als ich zurück war, habe ich mich gemeldet. Und es ist einfach so mit so Personaldingen. Es gibt Datenschutz, es gibt Persönlichkeitsrechte. Und es war einfach nicht weitergegeben. Es ist nicht weitergegeben worden, dass er als Täter beschuldigt ist. Er war halt nicht verurteilt, sondern nur beschuldigt. Und deshalb hat die Öffentlichkeitsarbeit dann diesen Nachruf veröffentlicht. Hat ihn dann aber auch ganz schnell von der Webseite runtergenommen. Und wie mir die Kirchenleitung dann mitteilte, er war Dekan gewesen, also auch kirchenleitend tätig gewesen. Und normalerweise macht dann jemand aus der Kirchenleitung die Trauerfeier. Und es war niemand von der Kirchenleitung, der das gemacht hat. Und es war niemand von der Kirchenleitung. Und es war niemand von der Kirchenleitung anwesend bei seiner Trauerfeier. Das war so ein Stück Genugtuung dann auch. Sie haben eben ja auch schon gesagt, Sie waren froh, dass Sie nicht irgendwie andere Betroffene noch finden mussten, um klarzustellen, das war ein Täter. Das kam ja auch bei der Forumsstudie raus, dass eigentlich, ich glaube im Durchschnitt, ein Täter fünf Kinder, Jugendliche sexuell missbraucht hat. Waren Freunde von Ihnen, Bekannte auch betroffen? Wissen Sie da irgendwas? Ja, ich weiß da eine ganze Menge. Die Betroffenheit ist unterschiedlich. Manchmal geht es nur ums Anfassen, bei anderen sicherlich um mehr. Ich gehe auch davon aus, dass meine Brüder ebenfalls Betroffene sind. Wir tun uns sehr schwer, miteinander darüber zu reden. Das ist halt eine schwierige Sache. Aber ich gehe davon aus, er war über 30 Jahre in der Gemeinde, ich gehe davon aus, dass es eine ganze Reihe von Betroffenen gibt. Wenn man da jetzt recherchiert zu dem Thema, das ist ja unangenehm, es ist schambesetzt. Und in meinem Kopf war aber auch die Frage, wie kann denn ein Pfarrer dann immer so viel alleine sein? Also wie hat er das überhaupt geschafft, mit Ihnen so alleine zu sein und das zu vertuschen? Können Sie darüber sprechen, über die Situation? Am Anfang war es ja so, dass er mich nach dem Konfirmandenunterricht zurückbehalten hat, weil er meine Hilfe braucht. Was mich natürlich auch stolz gemacht hat. Der tolle Pfarrer braucht meine Hilfe. Und dann die Situation ausgenutzt hat. Man hat halt auf das gehört, was er gesagt hat. Und wenn er gesagt hat, ich will dich jetzt in meinem Zimmer sehen, um mit dir über das und das zu reden, dann ist man halt hingegangen. Es war ja auch zu der damaligen Zeit für mich zumindest nicht möglich, meinen Mitkonfirmanden irgendein Signal zu geben, rettet mich oder so. Es war äußerst peinlich. Es war mehr als schambesetzt. Sexualität im Alter von 13 ist sowieso schambesetzt. Und dann nochmal so, das war ganz, ganz schwierig. Später dann, wie gesagt, ich habe in der Gemeinde mitgearbeitet. Ich habe zwar immer geguckt, dass ich Zeiten erwische, wo er nicht zu Hause ist, aber manchmal taucht er dann einfach auf. Wenn ich im Gemeinderaum war und was vorbereitet habe für die Gruppenstunde oder für den Konferenz, dann habe ich gesagt, ich will dich nicht mehr sehen. Ich will dich nicht mehr sehen. Ich will dich nicht mehr sehen. Ich will dich nicht mehr sehen. Ich will dich nicht mehr sehen. Ich will dich nicht mehr sehen. Ich will dich nicht mehr sehen. Ich will dich nicht mehr sehen. Ich will dich nicht mehr sehen. Ich will dich nicht mehr sehen. Ich will dich nicht mehr sehen. Dann passiert es halt. Also unglaublich dreist ausgenutzt. Jede Situation, die irgendwie für ihn möglich war, auch in dieser Position, weil der Pfarrer ist ja oft der, dem man vertraut. Das kam ja auch bei der Studie raus, was auch so dramatisch ist, aber auch so plausibel, dass es in allen Angeboten, wo Vertrauen da ist, wo ja auch eigentlich eine positive Bindung da ist, passiert. Das fand ich jetzt auch schockierend, das nochmal zu lesen. Nicht besonders überraschend, aber auch schockierend, Sind das auch die Fälle, die Ihnen Betroffene erzählen, dass das in der Regel durch ein Vertrauensverhältnis passiert? Ja, also in der Regel entsteht erst eine Bindung auf sozialer oder emotionaler Ebene, die dann irgendwann ausgenutzt wird. Also das Vertrauensverhältnis wird erst aufgebaut und dann ausgenutzt. Und das ist natürlich eine brutale Sache. Ich glaube, es wäre nochmal was anderes für mich gewesen, wenn ein mir unbekannter Täter mir etwas angetan hätte. So war es halt jemand, dem ich wirklich vertraut hatte, zu dem ich aufgeschaut habe, den meine Eltern toll fanden, den meine Großeltern toll fanden, der im Dorf beliebt war. Also das ist eine völlig andere Situation und dann bricht in einem schon eine ganze Menge zusammen. Natürlich. Und gerade wenn man in dem Alter auch Sexualität entdeckt, macht das ja auch eine Bindung. Das hat eine Menge kaputt. Konnten Sie das denn aufarbeiten bis heute, so Umgang mit Nähe, also jetzt nicht unbedingt Sexualität, das will ich Sie jetzt nicht fragen, aber Nähe, Beziehungen oder würden Sie sagen, das hat schon echt was kaputt gemacht? Das hat echt was kaputt gemacht. Also ich habe sehr lange gebraucht, um ein Verhältnis zu meiner Sexualität zu finden. Ich sage mal, das war sicherlich erst so, als ich so um die 30 herum war. Ich tue mich bis heute schwer mit... Mit Beziehungen. Das ist einfach so, da ist einfach ein Punkt, wo es dann schwierig wird und wo ich mich nicht so auf einen anderen Menschen einlassen kann. Ich lerne ganz behutsam und ich bin froh, dass ich auch weiterhin lerne, dass es noch nicht zu Ende ist damit. Und das mag jetzt ein bisschen schräg klingen, aber was ich gerade in den letzten zwei, drei Jahren gelernt habe, ist, nochmal... Ich glaube, ich habe für viele Menschen das Gefühl, ich könnte heute noch nicht meinen eigenen Namen sein. Ich glaube, ich habe für viele Menschen das Gefühl, ich könnte heute noch nicht meinen eigenen Namen sein. Ich wäre nicht der Mensch, der ich heute bin, wenn ich nicht diese Geschichte hätte. Und eigentlich bin ich ganz froh, dieser Mensch zu sein, der ich heute bin. Ja, kann ich verstehen, dass Sie so die Vergangenheit ein bisschen ins Positive setzen. Was ist daran positiv für Sie? Also was mögen Sie an sich nochmal konkret? Also ich glaube, zum einen ist es mein Humor, der natürlich auch eine Überlebensstärke ist. Ganz klar, der auch so etwas von dieser Lebenslust einfach deutlich macht, die immer wieder durchschlägt. Ich glaube, ich habe durch das Geschehen einen Blick entwickelt für Menschen, die in ähnlichen Situationen sind. Und kann denen da und dort einfach dann eine Hilfe sein. Denn das war in der Gemeindearbeit auch so, dass ich das Gefühl hatte, okay, also viele meiner Gemeindeklieder haben immer gesagt, sie sind einer mit dem Kameräden. Oberhessisch auf den Punkt gebracht. Mit dem Kameräde. Genau, ich glaube, da hat meine Geschichte auch mit beigetragen dazu. Und sicherlich auch eine Wachheit im Umgang gerade mit Kindern. Mit Kindern und Jugendlichen. Ich habe auch an der Grundschule Religionsunterricht gegeben. Und es gab immer mal Situationen, wo ich mit der Klassenlehrerin gesprochen habe, weil mir ein Kind aufgefallen ist. Und wir dann gucken konnten, liegt da irgendwas vor, gibt es in der Familie Probleme oder wie auch immer. Und das sind alles Dinge, die einfach gut sind. Ja, da haben Sie unglaublich scharfe Sinne und Antennen wahrscheinlich, die dann sofort natürlich anspringen. Sie sind ja Pfarrer. Die Frage wurde, schon oft gestellt, ich würde sie trotzdem gerne nochmal stellen. Und der Wunsch war ja schon da, bevor sexueller Missbrauch stattgefunden hat. Wie konnten Sie diesen Wunsch dann beibehalten, obwohl Sie so schlimme Dinge durch einen Pfarrer, durch den Gemeindepfarrer erfahren haben? Was hat Sie da trotzdem dazu gebracht, das weiter zu verfolgen? Randbemerkung, ich bin ganz froh, durch die Veröffentlichung der Studie bildet sich im Moment eine Gruppe von Pfarrer und Pfarrerinnen, die Missbrauch in der Kirche erlebt haben, um sich nochmal auszutauschen, weil sich manche andere Fragen da halt stellen. Und das finde ich ganz spannend. Also auch da bin ich nicht der Einzige. Sehr interessant, das ist mir jetzt ganz neu. Genau, genau. Und ich sage mal, entscheidend für mich, dass ich meinen Weg gehen konnte, war, dass ich, sobald ich aus dem Ort weggezogen bin zum Studium, das alles in eine Kiste packen konnte, und in meinem Herzen verschließen konnte. Es war nicht mehr präsent in meinem Kopf, in meinen Gedanken. Manchmal hat es vielleicht in meinem Bauch rumort oder in meinem Herzen, aber ich habe es unterdrückt. Dadurch konnte ich das Studium machen und dadurch konnte ich ausprobieren, ob dieser Beruf etwas für mich ist. Wobei auf der anderen Seite, als ich 2014 meinen Zusammenbruch hatte, sich auch herausgestellt, dass ich mich nicht mehr so gut fühle, wie ich es damals war. Dass ich meine Arbeit unter der Prämisse gemacht habe, ich muss unbedingt besser sein als mein Täter. Ich muss es unbedingt anders, freundlicher, menschenbezogener machen als er. Da habe ich mich auch selber unter Druck gesetzt gehabt. Auch da kann man daraus lernen. Das heißt, Sie haben sich da selbst in so eine Überforderung reingebracht. Aber jetzt würden Sie sagen, richtige Entscheidung. Ich mache den Beruf immer noch gerne Pfarrer. Das ist schon das, was ich machen möchte. Der Beruf hat mich glücklich gemacht. Das muss ich wirklich sagen. Ich habe in unterschiedlichen Bereichen gearbeitet. Meine erste und letzte Stelle waren Gemeindepfarrstellen, wo ich viel mit Menschen zu tun hatte, Menschen über einen langen Zeitraum begleitet habe. Wo ich die Familien kennengelernt habe, wo ich ein Teil des Dorfes war. Der Pfarrer gehört dazu. Dazwischen habe ich als Meditationsleiter, und Exerzitienbegleiter in einem Einkehrhaus gearbeitet. Also eine ganz andere Arbeit, wo Menschen zu einem kommen, die was wollen, die an sich arbeiten wollen, die was lernen wollen. Das war eine ganz andere Arbeit, die mich aber auch sehr, sehr zufrieden gestellt hat, weil das so ein Bereich ist, der mir auch persönlich wichtig ist, das geistliche Leben. Und von daher habe ich in meinem Berufsleben viel Gutes erleben können und auch, Dirk, das ist ja auch ein sehr guter Job. Ich habe mich in meinem Berufsleben viel Gutes erleben können und auch, immer Chancen gehabt, mich mit meinen Fähigkeiten einzubringen. Seit 1. November bin ich offiziell im Ruhestand. Aber Pfarrer bleibt man doch. Das legt man ja nicht einfach ab. Pfarrer bleibt man. Man behält alle Ordinationsrechte und so weiter. Und ich habe natürlich diesen Dienstauftrag hier in der Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt, der mich einfach auch Zeit und Kraft kostet und mich herausfordert, so dass mir das nicht langweilig wird im Ruhestand. Mhm. Das glaube ich. Sie stehen jetzt mit sexuellem Missbrauch in der Öffentlichkeit. Haben Sie sich das lange überlegt? Hat das Mut erfordert? Weil ich finde, als ich es gelesen habe, ich finde es sehr mutig. Wie lange haben Sie da überlegt und was war dann vielleicht so das, ja der Impuls, der Ihnen gegeben wurde oder den Sie hatten zu sagen, doch, ich mache das jetzt. Ich gehe mit meinem Namen voran und stehe dafür. Also es ist ein mehrjähriger Weg gewesen, dahin zu kommen, ganz behutsam über den, Also es ist ein mehrjähriger Weg gewesen, dahin zu kommen, ganz behutsam über den, über den damaligen Betroffenenbeirat bei der EKD, auch über die Frage, die damit auftauchten, will ich auf der Internetseite der EKD auftauchen, mit meinem Namen oder mit einem Pseudonym und so weiter. Da stellten sich die Fragen und ich sage mal, da ich in anderen Bereichen gemerkt hatte, dass es gut ist, wenn man sich aus der Deckung traut, habe ich dann irgendwann gesagt, dass es gut ist, wenn man sich aus der Deckung traut, habe ich dann irgendwann gesagt, dass es gut ist, wenn man sich aus der Deckung traut, habe ich dann irgendwann gesagt, okay Matthias, jetzt ist es soweit, du kannst das, du machst das und habe zum Glück, okay Matthias, jetzt ist es soweit, du kannst das, du machst das und habe zum Glück, sage ich mal, 75 Prozent positive Rückmeldung bekommen. Also Freunde und Freundinnen, die gesagt haben, hey, das ist toll, das ist toll, wir merken, es braucht Menschen, die mit dem Gesicht und dem Namen dafür einstehen. wir merken, es braucht Menschen, die mit dem Gesicht und dem Namen dafür einstehen. Oder ich bin auf einer, ich bin auf einer, ich bin auf einer, ich bin auf einer, eine Chatplattform unterwegs, wo mich Freunde angechattet haben, die ich persönlich gar nicht kenne, die aber das in der Zeitung gelesen haben und gesagt haben, hey, wie super, endlich mal jemand, der sich traut, mit Namen und Gesicht einzustehen und auch von anderen Betroffenen, die sich an mich gewandt haben, die gesagt haben, wir brauchen jemanden, der mutig vorangeht, der sich nicht nur an den Namen und Gesicht handelt, wir brauchen jemanden, der sich nicht nur an den Namen und Gesicht handelt, sondern auch von anderen Betroffenen, die sich an mich gewandt haben, die gesagt haben, damit wir selber mutig werden können. damit wir selber mutig werden können. Wenn 75 Prozent positiv sind, das heißt, natürlich gibt es wahrscheinlich auch irgendwie mal einen negativen Kommentar oder mal eine negative Mail, aber die sind nicht so prägnant, sage ich mal, dass Sie jetzt sagen, jetzt ziehe ich mich zurück, oder? Das nicht, da habe ich einen Dickkopf, also da kann ich stur sein, das ist auch gut so. Positiv gesagt, ich bin beharrlich. Ich sage mal, es gibt schon auch Rückmeldungen, die mich verletzen. Ich sage mal, es gibt schon auch Rückmeldungen, die mich verletzen. Von Kollegen und Kolleginnen, die mich als Nestbeschmutzer bezeichnen. Von Betroffenen, die sagen, du willst dich ja nur mit deiner Geschichte in den Mittelpunkt stellen. Ich frage mich natürlich immer, welche Geschichte bei denen dahinter steckt und kann von daher ganz gut damit umgehen und habe ja auch gelernt, sage ich mal, damit umzugehen. Aber manchmal ist es schon so, dass ich dann auch im Moment schlucken muss und sagen muss, okay, Matthias, ruhig durchatmen, denk an die vielen positiven Rückmeldungen, die sind es wert. Gut so. Vielleicht eine Frage noch, werden Sie noch begleitet von Psychologen oder so, falls durch dieses immer wieder öffentlich machen nochmal was aufbricht oder sind Sie so weit, Sie sagen, nee, ich habe es aufgearbeitet, ich habe meine Strategien, das fände ich jetzt nochmal interessant. Also persönliche Aufarbeitung ist ein lebenslanger Prozess. Ja. Das ist ein lebenslanger Prozess, damit ist man nie am Ende. Es tauchen immer wieder Dinge auf, wo man denkt, ups. Ich habe das große Glück, dass ich einen Supervisor habe, mit dem ich regelmäßig in Kontakt bin. Einmal im Monat haben wir eine Sitzung und der hat auch eine traumatherapeutische Ausbildung. Also der kennt sich damit aus und zum Beispiel letzte Woche während der Veröffentlichung der Studie war ganz klar, ich kann ihn jederzeit anrufen. Er wird das, was er gerade macht, unterbrechen, um für mich da zu sein. Ja. Und vom Beteiligungsforum aus haben wir auch eine Psychologin mit traumatherapeutischer Erfahrung, die uns begleitet und die auch ansprechbar wäre. Ja, dann vielen Dank für das Gespräch und ich wünsche Ihnen alles Gute und viel Erfolg noch. Ich danke für das Gespräch und ich bin immer froh, wenn es Menschen gibt, die zuhören und die vielleicht für sich selber was daraus mitnehmen. Vielen Dank.